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Ausstellungen

REINER RIEDLER / ALFRED WETZELSDORFER

2. Oktober 1997 – 1. November 1997

Reiner Riedler (AT), Alfred Wetzelsdorfer (AT)

Reiner Riedler: Die Themen meiner fotografischen Arbeit sind hauptsächlich jene, die mich von Beginn an faszinieren, mich aus irgendeinem Grund emotional fesseln. Das ist auch wichtig, damit ich mich über einen längeren Zeitraum damit befassen kann.
Fotografie ist für mich auf jeden Fall eine sehr emotionale Sache. Im Rahmen meiner Fotografie, also der Reportagefotografie, wäre es zumindest für mich persönlich unvorstellbar, jemanden zu porträtieren oder eine Situation festzuhalten, ohne irgend einen Kontakt zu den Menschen herzustellen. Ich muß sicher gehen, daß ich auch das Einverständnis der Porträtierten habe, sei es auch nur über ein flüchtiges Lächeln des anderen. Das ist wohl das Schwierigste an dieser Art der Fotografie, nämlich Situationen zu erfassen, seinen Platz als Fotograf zu kennen, also das zu tun, was man für sich als vertretbar empfindet, was zum Beispiel die Ethik in der Fotografie betrifft.
Ich versuche Menschen, die ich fotografiere, auf den Bildern, die ich von ihnen mache, nicht zu kompromittieren. Die Fotografie ist ja an sich ein sehr geeignetes Mittel, Menschen auch unvorteilhaft darzustellen – vor allem bei diesen Bildern von obdachlosen Menschen ist es mir sehr schwer gefallen, eine für mich vertretbare Auswahl zu treffen. Es wäre leicht, gerade bei diesem Thema mit sehr drastischen Mitteln zu arbeiten. Ich habe versucht, das zu vermeiden, auch wenn es mir nicht immer gelungen ist.
Über ungefähr eineinhalb Jahre oder mehr habe ich mich während meines Zivildienstes, den ich in einem Obdachlosenhaus der Caritas abgeleistet habe, mit dem Thema Obdachlosigkeit beschäftigt. Diese Arbeit ermöglichte mir den Zugang zu jenen Leuten, die man sonst nur vom Vorübergehen auf der Straße kennt. Und unter ihnen habe ich einige kennengelernt, die ich schätzen lernte und auch liebgewann. Es war für mich ein Einstieg in eine Welt, die ich vorher nicht kannte und die mich zum Teil ängstigte, in der ich mich aber auch wohlfühlen lernte. Dieser Kontakt zu den Menschen ermöglichte mir dann, meiner Arbeit als Fotograf nachzugehen, und diese Leute in ihrem Umfeld zu porträtieren. Über meinen Zivildienst hinaus habe ich dann an einer Reportage für die Zeitschrift „profil“ gearbeitet, was mir einen neuen Zugang verschaffte – mit der Journalistin Eva Menasse – , nämlich nicht wahllos alles und jeden zu porträtieren, sondern mich systematisch dem Thema zu widmen. In dieser Zeit ist wohl auch so etwas wie eine Struktur in die Arbeit eingeflossen.
In meiner Arbeit für die Caritas als Fotograf werde ich dieses Thema weiter verfolgen. (Reiner Riedler)

 

Alfred Wetzelsdorfer. Bad Queen, Polaroid Lovers, Schildkröte: Wesentlicher Teil der künstlerischen Arbeit Alfred Wetzelsdorfers ist die Zuordnung gesammelter Bildfragmente unterschiedlicher Entstehungszeit und Themenbereiche zu einer Bildfolge. Selbstporträts, Re-Fotografiertes aus dem Medienbereich und sich aus dem Alltag einfügendes Bildmaterial wird zu einer Erzählung verflochten – wieder auseinandergenommen – neu zusammengestellt. Seine Fotoarbeiten, die ständig variiert und erweitert werden, ermöglichen einen offenen, belebten Arbeitsprozeß. Ein Endpunkt wird nicht angestrebt.
In den Bildserien funktionieren die einzelnen Bildeinheiten wie Sequenzen der Erinnerung, die ins Bewußtsein gelangen und wieder verschwinden. Vergangenes und Aktuelles, Detailaufnahmen und Weitblicke, Persönliches und Allgemeines, Distanz und Nähe … befinden sich in einem ständigen Wechselspiel und relativieren sich durch ihre übergangslose Abfolge. (Mela Maresch)