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LIEBE III

scheitern

16. Dezember 2008 – 28. Jänner 2009

Renate Bertlmann (AT), Eva Brunner-Szabo (AT), James Higginson (US), Nicholas Pye (EN), Sheila Pye (CA), Linda Reif (AT), Katarina Schmidl (AT), Martin Scholz-Jakszus (AT), Basia Sokolowska (PL)

Schwerpunkt: LIEBE 2008

Eröffnung: Montag, 15. Dezember um 19.00 Uhr
Einleitende Worte:
Ruth Horak

Ausstellungsdauer: 16. Dezember 2008–28. Jänner 2009
Weihnachtferien:
21. 12. 2008–6. 1. 2009

Finissage LIEBE III und Katalogpräsentation LIEBE:
Dienstag, 27. Jänner 2009 um 19.00 Uhr

Der diesjährige Schwerpunkt der FOTOGALERIE WIEN umkreist einen der existenziellsten Aspekte unseres Lebens: die Liebe.
In drei Ausstellungen – Suche, Ist und Scheitern – spannt sich der Bogen um ein diffiziles, fragiles und emotionales Thema.

Die dritte Ausstellung der Reihe, Scheitern, fokussiert die negativen Gefühle. Trennung, Schmerz, Leid, Wut, Gewalt und Abschied ziehen sich thematisch durch die gezeigten Arbeiten. Wenn die Liebe zu Ende geht bleibt Leere und Trauer – und zugleich das Muss einer Rückbesinnung auf sich selbst, mit der Chance auf einen Neuanfang.

In einer Abfolge von 7 Short-Cuts bannt Renate Bertlmann in ihrem FotoFilm Top U29 – one day long die Ereignisse eines ganzen Tages im Leben eines Paares in deren Wohnung. Die Grenzen zwischen Innen- und Außenwelt, zwischen Phantasie und Realität verschwimmen – es beginnt eine 24-Stunden-Reise durch ein Reich der Hoffnungen, Emotionen, Erinnerungen und Ängste. Puppen werden zu symbolischen Charakteren für gelebte Beziehungsstrukturen, für sprachlose Momente der Distanz, für Einengung und Persönlichkeitsverlust.

Eva Brunner-Szabos großformatige Fotoarbeiten Archeologia bilden Erinnerungsräume und entwickeln eine Archäologie der Bilder, der Zeit, des Gelebten. In Anlehnung an den Film „Viaggo in Italia“ von Roberto Rossellini und die mythologisch besetzten Ausgrabungsszenen in Pompei wird Vergänglichkeit, Verlust und emotionale Aufarbeitung visualisiert. Szabos Fotografien zeigen den physische Moment der Zugewandtheit eines Paares die mittels Langzeitbelichtungen mit „Tatortzeichnungen“ überlagert werden. Mit diesen fragil-emotionalen Layern schafft sie Bildräume die uns in universelle Geschichten und Gefühle eintauchen lassen.

James Higginsons ausdrucksstarke Fotoserien beleuchten Aggression und Brutalität in Paarbeziehungen, sowie in Familien. Er deckt die Dramen entgleisender Emotionen auf – Liebe die zum Gefängnis, zur Tortur wird – , die so oft hinter der scheinbar heilen Fassade versteckt sind. In The Story of Ruth, zeichnet Higginson die Geschichte von Missbrauch, von explosiven, gewalttätigen Ausbrüchen gegen den Partner. In der Serie Rage steht eine vorstädtische Beziehungssituation als Metapher für den Satz: „To rip someones heart out with words.“

Die Drehorte der Videoarbeiten von Nicholas & Sheila Pye sind meist isolierte geheimnisvolle Räume und gleichen theatralischen Traumwelten. In diesen Orten treffen Paare, Liebende oder Geschwister aufeinander und durchlaufen Stadien emotionaler und physischer Abhängigkeiten, die zunehmend von Spannungen und Misstrauen geprägt werden. Die feindselige wortlose Zweisamkeit führt zu ansteigender Frustration und Verunsicherung – bis hin zur Verabschiedung der Liebe. Die Videotrilogie Loudly Death Unties, A Life of Errors und The Paper Wall besticht durch die starke surreale Komponente des Imaginären und verdeutlicht mit gleichzeitiger Treffsicherheit die Symbiose von Mit- und Gegeneinander.

Linda Reif verbildlicht den inneren Schmerz, das emotionale Erkalten nach traumatischen aggressiven Verletzungen, sowie das Opfer, welches das Geschehene auslöschen, ungeschehen machen möchte und dabei scheitern muss. Reif betitelt die Arbeit mit: Nachdem mir mein Exfreund ins Gesicht geschlagen hat und zerkratzt sukzessive das Negativ, auf dem ihr Gesicht und ihre Demütigung abgebildet sind.

In Katarina Schmidls Video muse au chocolat zerfließt vor Publikum ein Schokoladenabguss ihres eigenen Körpers (in bekannter liegender Venus Position) in der Hitze von grellem Scheinwerferlicht. Sie thematisiert damit einen Idealzustand, ein Schönheitsideal, und stellt ein gesellschaftliches Wertesystem infrage, das dem natürlichen Alterungsprozess vielfach keinen Platz einräumt, und damit verbunden: der Verlust von Liebe, Erotik und Begehren.

Martin Scholz-Jakszus führt in seiner Serie Ex ehemalige Paare wieder zusammen, um verbliebene Nähe, verbindende Signale aufzuspüren. Die Titel der Arbeiten geben Aufschluss darüber, wie lange die Paare zusammen waren und seit wann sie getrennt sind. Gibt es noch versteckte Intimitäten, unbearbeitete Gefühle, tendiert die Körpersprache zu Aggression und Ablehnung oder zu Hinwendung und Vertrauen? Martin Scholz befragt den partnerschaftlichen Umgang nach der Gemeinsamkeit, nachdem jeder seinen eigenen Weg eingeschlagen hat.

Basia Sokolowskas Fotoserie Untold Narratives erzählt vom Beenden einer Liebe, vom Verlassen eines vertrauten Ortes an dem man Liebe lebte. Subtil und unmittelbar streift, umkreist die Kamera ein letztes Mal Fragmente des Ortes, der die Spuren eines gemeinsamen Zusammenlebens in sich trägt. Alltägliche Objekte werden zu Zeugen stummer Trauer, Einsamkeit und Unsicherheit, die mit dem Auseinanderbrechen einer Beziehung einhergehen. Ein stiller Abschied, ein Zusammensammeln von Erinnerungsbruchstücken, ein Aufbruch.

(textliche Betreuung: Ruth Horak)