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Ausstellungen Austausch

ORGANHAUS, CHONGQING, CHINA, IN DER FOTOGALERIE WIEN

DIVERSITY OF MODERNITY – Austausch, Teil I

11. Oktober 2016 – 12. November 2016

LIU BO (CN), Zhang Jiaping (CN), Zhao Tianji (CN), HAICHUAN WANG (CN), Li YONG (CN), Li YU (CN), Yang Yuanyuan (CN)

BILDER |

Eröffnung: Montag, 10. Oktober, 19.00 Uhr
Einführende Worte: Yi Xiaoting, ORGANHAUS, Chongqing, und Brigitte Prinzgau, 19.30 Uhr
Artist Talks:
Li Yu & Liu Bo, Yang Yuanyuan, Zhao Tianji, 20.30 Uhr
Asiatisches Kochevent & Musik: 21.00 Uhr

sponsored by: BKA Kunst; MA7-Kultur; Cyberlab

Die Ausstellung DIVERSITY OF MODERNITY ist der erste Teil eines Kunstaustausches der FOTOGALERIE WIEN mit dem ORGANHAUS in Chongqing, China. ORGANHAUS ist eine autonome, von KünstlerInnen und KuratorInnen geleitete Institution, deren Ziel es ist, zeitgenössische chinesische Kunst zu fördern sowie internationale Austausch- und Ausstellungsprojekte zu organisieren. ORGANHAUS befindet sich in Chongqing, einer Stadt im Südwesten von China, und verfügt über große Ausstellungsflächen und Ateliers für Residencies. Zwei Künstlerinnen, Yang Yuanyuan und Zhao Tianji, haben für die Ausstellung ortsbezogene Projekte in Wien entwickelt.
Teil II des Ausstellungsaustausches wird 2017 mit österreichischen KünstlerInnen im ORGANHAUS stattfinden.

Fortschreitende Globalisierungsprozesse am Beginn des 21. Jahrhunderts haben zu einer komplexen Umstrukturierung gesellschaftlicher Lebensformen geführt. Unaufhaltsame neue Entwicklungen und  unterschiedliche Auffassungen von Modernität bewirken einen nachhaltigen sozialen Wandel. Die chinesische Gesellschaft hat rapide Transformationsprozesse durchlaufen, die von einer bis vor einigen Jahrzehnten vorwiegend landwirtschaftlich geprägten Wirtschaft hin zu einer heute hochentwickelten Industrienation und Informationsgesellschaft geführt haben. Die frühere strenge Planwirtschaft hat sich zu einer kommerzialisierten Marktwirtschaft entwickelt – mit Auswirkungen auf die zeitgenössische Kunstszene. Die chinesische Gegenwartskunst spielt sich nicht länger in Randbereichen ab, sondern hat eine wichtige Rolle in der globalen Kunstszene eingenommen. Die Ausstellung zeigt, wie auf diese rasanten Entwicklungen Bezug genommen wird; sie gliedert sich in drei Teile mit den Subthemen Geschichte/Identität, Urbanisierung/ Landschaft und Ortsspezifische Prägungen/Nomadentum.

Wang Haichuan beschäftigt sich in seiner Arbeit 16.9 m² seit mehreren Jahren mit der alten Tongyuanju-Munitionsfabrik in Chongqing. In Fotografien und Interviews wird die Wohnsituation der Arbeiter auf 16,9 Quadratmetern, wo sie seit 60 Jahren mit ihren Familien leben, beschrieben. Die Räume erzählen von der ehemaligen Standardisierung sowie von der individuellen Gestaltung durch die Bewohner. Die Quartiere stehen kurz vor dem Abriss und die Familien vor der Umsiedlung in äußere Bezirke.

Zhang Jiapings Videos Territory of Wetlands und Sketch from Nature verweben Realität mit abstrakter Narration. Reale Erzählstränge werden – ähnlich wie in der Werbung – von scheinbar unzusammenhängenden Bildern durchbrochen. Diese sind jedoch auf einer höheren Ebene durch eine universelle Kraft, die jede einzelne Minute visuelle Systeme und Bilder generiert, miteinander verbunden.

Zhao Tianji reagiert in ihren Arbeiten auf vorgefundene Materialien und alltägliche Situationen. Meist agiert sie im öffentlichen Raum, wo sie temporäre Aktionen durchführt. Sie bezieht sich auf Traditionen sowie den steten Wandel in der chinesischen Gesellschaft. Für ihren Ausstellungsbeitrag in der FOTOGALERIE WIEN hat die Künstlerin ein für Wien ortsspezifisches Projekt konzipiert.

Li Yong spielt in seinen Arbeiten Meet by Chance und Paradise’s Garden mit verschiedenen zeitlichen Bezügen der chinesischen Geschichte (Kulturrevolution, Peking Oper, …). Seine bühnenhaften Inszenierungen sind skurril und aufgeladen mit Symbolen. Sie spiegeln kulturelle Entfremdung und die Angst vor einer verschwommenen Identität wider.

Die beiden Künstler Li YU & Liu Bo stellen in ihren Arbeiten die Frage, warum wir den Informationen aus den Massenmedien vertrauen und sie als Spiegelbild der Realität sehen. Ihre Videos und Fotoarbeiten sind Reenactments skurriler Berichte staatlich sanktionierter Zeitungen und zeichnen ein geistreiches und provokatives Porträt der heutigen chinesischen Gesellschaft.

Ausgangspunkt von Yang Yuanyuans Projekten ist meist eine intensive historische Recherche. Sie experimentiert mit verschiedenen Arten des visuellen Storytellings, wobei sie Wirklichkeit und Fiktion miteinander vermischt. Ihre Arbeit beschreibt sie als eine Art des Webens: Bilder aus unterschiedlichen Zeiten werden mit Texten zu einem „Bildatlas” verwoben. Dafür wählt sie oft eine installative Präsentationsform oder das Buchformat.

Petra Noll