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Ausstellungen

ANNE ARDEN Mc DONALD / PAVEL PECHA

5. Oktober 1995 – 4. November 1995

Anne Arden Mc Donald (US), Pavel Pecha (CZ)

Anne Arden Mc Donald: „Ich flüchte in Tagträume, um der täglichen Welt der Kleinlichkeiten und der Papierflut zu entrinnen – sonst würde ich verrückt werden. Ich habe viele Phantasien, die ich in einem Leben, so wie ich es kennengelernt habe, nicht verwirklichen kann – unter Wasser zu atmen, fliegen zu können – und ich bin frustriert über die Beschränkung eines erdgebundenen Körpers. In einigen meiner Fotografien habe ich mich bemüht, diese Ziele zu erreichen. In letzter Zeit konzentriert sich meine Arbeit auf die Kämpfe, denen wir uns täglich gegenüber sehen: Spannung und Ausgleich, trotz aller Hindernisse die Hoffnung zu bewahren und verletzlich zu bleiben, ohne erdrückt zu werden.“

Schon früh in der Geschichte der Fotografie entwickelten FotografInnen die Fähigkeit, mehr festzuhalten und zu besitzen, als die Welt um uns herum ihnen zeigte. Sie wurden zu InterpretInnen und FührerInnen durch ein paralleles Universum, das nur sie dank ihres einzigartigen Mediums erreichen und dokumentieren konnten. Wir, die ZuschauerInnen, legten unsere Zweifel und Ängste vor dem Unbekannten ab und schenkten den Bildern Glauben, denn der Realismus der Fotografie widerstand selbst den verblüffendsten und surrealsten Ausflügen in die Phantasie. Was wir von der Fotografie erwarteten, waren nicht Beweise für das, was wir kannten, sondern für etwas, das wir vermißten; das wir geträumt und wieder vergessen hatten oder vielleicht aus den Augenwinkeln gesehen zu haben glaubten.
Dieses Unbekannte konstruiert und fotografiert von Anne Arden Mc Donald. Für den Bruchteil einer Sekunde lebte, atmete, erfuhr der Gegenstand des Fotos seinen wesentlichen Augenblick, um von Mc Donalds Kamera festgehalten zu werden. Wenn alles Fotografieren manipulativ ist, dann manipuliert Mc Donald nicht den Film, sondern die Außenwelt, indem sie eine alternative Wirklichkeit aufbaut: Sie fordert uns auf, unseren Blick zu ändern und in das intime Leben des Bildes einzutreten, es aufzuspüren und seinen Namen zu rufen. Wir werden ZeugInnen dieser zweiten Wirklichkeit, wir stehen vor ihren Fotos und bezeugen, daß sie wahr sind. Wir sind die WissenschaftlerInnen, ErmittlerInnen, AnthropologInnen und LegendenweberInnen, die das Bild untersuchen und den Prozess rekonstruieren, die nach Beweisen suchen, die uns zeigen, wie die Figur zu diesem Ort gekommen ist und was als nächstes passieren wird. Anne Arden Mc Donalds Reisen ins Unbekannte können auf mancherlei Weise eingeordnet werden: als Surrealismus, als Fantastik oder einfach als eine Form der Selbstdarstellung. Im Geiste am engsten verbunden sind sie indes wohl mit denen der viktorianischen ReisefotografInnen, die sich geologischen Expeditionen anschlossen und unter Risken und Gefahren die Welt „dort draußen“ fotografierten, um einem daheimgebliebenen und weniger abenteuerlustigen Publikum Bilder von Schönheit und Erhabenheit heimzubringen, bizarre, unglaubliche, großartige Bilder. (Wanda Strukus )

Pavel Pecha: Ich lebe in zwei Welten. Die eine ist die wirkliche Welt, die andere eine alternative Welt, die ich mir geschaffen habe aus der Negierung des Schlechten der wirklichen Welt. Diese zweite Welt ist mir wertvoller. Sie ist mein Spiegel oder mein Bild. Sie verändert sich durch stetige Selbstkontrolle, sie entwickelt sich immer weiter. Ich ziehe mich Schritt für Schritt in diese Welt zurück, vielleicht freiwillig, vielleicht notwendigerweise, auf jeden Fall, weil sie besser und vollkommener ist als die tatsächliche Welt. Sie ist weder nüchtern, noch logisch, nicht intolerant oder oberflächlich. Es gibt dort nichts zu erklären, sie ist erfüllt von Phantasie, absurden Situationen und Spiel. Manchmal wird sie von der wahren Welt bestimmt, dann können auch in ihr Gewalt und Übel zum Vorschein kommen. Ich benutze sie wie einen Spiegel der realen Welt. Ich entdecke meine Welt sehr langsam, es ist unmöglich, sie auf einmal zu entdecken. Und wenn ich etwas finde, verwandelt es sich bald. Es ist ein erregendes Abenteuer, ein Hauch von Transzendenz. Ich entdecke seltsame Situationen, surreale Bilder. Manchmal ist sie auch nur eine Idee, ein unvermuteter Schein, ein anderes Mal nur ein Gefühl. Dann wieder ist sie wie ein Mosaik, eingefügt in ein unerklärbares Bild, das nur im Unterbewußtsein wahrgenommen werden kann. Bisweilen vermittle ich etwas von ihr, aber die schönsten Bilder habe ich in meinem Kopf. Meine Welt entwickelt sich unaufhörlich weiter, einiges von ihr bleibt für immer, anderes verändert sich ständig. Sie zeigt mir den Weg. Mein Dasein wird zur ständigen Bewegung zwischen ihr und der wahren Welt. Es ist die Bewegung zwischen Himmel und Erde. Immer häufiger finde ich mich in meiner eigenen Welt wieder und fühle intuitiv, daß ich der wirklichen Welt nicht mehr angehöre. Ich weiß nicht, ob ich je zurückkehren werde … “